Das Ehepaar SIMONE UND HEIKO RIEMER führt gemeinsam die Laatzener Filiale der KMB Kampfmittelbergung, lebt in einer Wohnung der WBG in Grasdorf und pflegt ein eher ungewöhnliches Hobby.
Simone Riemer schwenkt fröhlich ein großes, mit einem Korkdeckel verschlossenes Glas. "Tee habe ich schon lange nicht mehr gekauft - den stelle ich mir immer aus selbst gesammelten und anschließend getrockneten Kräutern und Blüten zusammen", sagt sie und verheißungsvoll rascheln darin Lindenblütenblätter, Löwenzahn, Kamille und Co. Morgens, wenn sie in ihrem Büro etwas abseits der Karlsruher Straße in Alt-Laatzen ankommt, geht die 58-Jährige erst einmal in die kleine Küche, brüht sich eine Handvoll der leckeren Kräuter auf und füllt den Tee in eine Kanne.
Flüssige Stärkung für den ganzen Tag ist das, und die kann sie gut gebrauchen. Denn meist hat sie sehr viel zu tun, verbringt einen Großteil der ihrer Arbeitsstunden vor dem Computer oder am Telefon. Als ausgebildete Bürokauffrau hat sie die kaufmännischen Fäden in dem Betrieb in der Hand, den sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Heiko Riemer seit mehr als 20 Jahren leistet: die hannoversche Niederlassung der KMB Kampfmittelbergung. Die KMB, Hauptsitz in Magdeburg, untersucht Flächen, auf denen noch vorhandene Blindgänger und andere Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg vermutet werden. Davon finden sich, leider, immer noch viele - auch mehr als 75 Jahre nach Kriegsende.
Die Riemers haben „alle Hände voll“ zu tun, es gibt längst nicht mehr so viele Spezialfirmen in Deutschland wie noch vor 20 oder 30 Jahren, gute Mitarbeiter sind schwer zu finden. Heiko Riemer, ehemaliger Waffenoffizier der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR, ist als Technischer Leiter der Laatzener KMB-Filiale deswegen nur selten im Büro. Den Großteil seiner Arbeitswoche ist er in ganz Deutschland unterwegs – im Auftrag von Firmen, Behörden oder auch Privatleuten.
Gemeinsam mit seinem Team macht sich Heiko Riemer auf den Weg in die Gebiete, in denen Blindgänger ermutet werden. Der 61-Jährige und seine Experten orten, sondieren, werten Luftbilder aus, dokumentieren. In einigen Bundesländern sind sie darüber hinaus für die Entschärfung, Bergung und den Abtransport der alten Bomben, Granaten und sonstiger Munition zuständig – in Niedersachsen ist das Sache des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KBD). Auch bei der großen Bombenentschärfung im Frühjahr in Laatzen waren die Spezialisten der Laatzener Niederlassung dabei (siehe Interview). Ein sehr komplexer und immer wieder ganz schön nervenaufreibender Job ist das – doch für Heiko Riemer ist er genau der Richtige:
„Ich liebe das, komme total viel herum und bin oft an Orten, wo andere ihren Urlaub verbringen“, schwärmt der ursprünglich aus Mecklenburg stammende Mann.
Hin und wieder macht sich das Ehepaar, das insgesamt vier erwachsene Kinder und fünf Enkelkinder hat, auch zusammen auf die Reise. Allerdings häufig auch dann nicht, um entspannt Urlaub zu machen.
In ihrer Freizeit nämlich gehen Simone und Heiko Riemer einem ungewöhnlichen Hobby nach: Als Mitglieder des ehrenamtlich tätigen „Ermittlungsteams für Vermisste Alliierte“ suchen sie gemeinsam nach im Zweiten Weltkrieg abgestürzten Kriegsflugzeugen und insbesondere nach der vermissten Besatzung. „Das kann ganz schön bewegend werden“, berichten die beiden. „Wenn wir irgendwo mitten im Dorf beginnen, zu graben, dann fällt das den Menschen dort meist schon sehr auf. Die kommen dann und fragen. Manchen fallen dann Dinge wieder ein, die eigentlich längst vergessen waren.
Erinnerungen werden wach...“, beschreibt Heiko Riemer.
SIMONE RIEMER kümmert sich um die Büroarbeit, während ihr Ehemann meist im Außeneinsatz ist.
"Wir haben ganz schön gebibbert"
DREI FRAGEN AN SIMONE UND HEIKO RIEMER
Herr und Frau Riemer, Sie waren als KMB Laatzen auch bei der großen Bombenentschärfung Anfang März in Laatzen dabei. Fünf Verdachtspunkte waren insgesamt gefunden worden, mehr als 20.000 Menschen mussten für die Entschärfung evakuiert werden. Wie haben sie diese Stunden verbracht?
Simone Riemer: Das war schon alles sehr aufregend und wir haben ganz schön gebibbert. Ein Verdachtspunkt lag nur einige Hundert Meter Luftlinie von unserem Wohnhaus entfernt und dort waren mein Mann und unsere Leute im Einsatz. Ich habe die ‚Jungs‘ bei den Arbeiten dann die ganze Zeit gut versorgt und bin ständig hin- und hergefahren. So konnte ich auch ein bisschen was zum Gelingen beitragen
Wann wussten Sie, dass dort auch wirklich eine scharfe Bombe lag?
Heiko Riemer: Man hat im Vorfeld immer nur einen Verdacht. Da hätte auch überall Metallschrott liegen können. Erst als alle Punkte umfangreich untersucht und anschließend mit größter Vorsicht freigelegt worden waren, stand fest: An drei Stellen lagen auch wirklich Blindgänger, große Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg. Eine Stelle war die an der Debberode 17. Dort waren wir im Einsatz. Glücklicherweise musste dort nicht gesprengt werden, die Bombe konnte von den Kollegen des KDB erfolgreich entschärft werden. Da waren wir schon erleichtert.
Was ist bei diesen gefährlichen Arbeiten Ihrer Ansicht nach besonders wichtig?
Heiko Riemer: Man darf niemals den Respekt verlieren und denken, dass schon nichts passieren wird. Leider ist es so: Jede dieser Bomben könnte noch scharf sein – auch nach so vielen Jahren!
Ruhe und Entspannung finden Heiko Riemer und seine Frau in ihrem schönen Zuhause: einer geräumigen Drei-Zimmer-Wohnung der WBG Laatzen in Grasdorf: Seit zwölf Jahren wohnt das Paar in dem Sechs- Parteien-Haus, man fühle sich wohl und könne sich auf eine sehr gute Hausgemeinschaft verlassen. Erst Anfang dieses Jahres sind die Riemers aus dem Dachgeschoss in die Erdgeschosswohnung umgezogen, als deren Mieterin aus Altersgründen eine kleinere Wohnung gesucht und gegenüber gefunden habe. „Jetzt haben wir einen kleinen Garten, der war der Grund für unseren Umzug“, berichtet Simone Riemer mit leuchtenden Augen und ihr Mann ergänzt schmunzelnd: „Dort gibt es jetzt kein freies Plätzchen mehr – alles ist voll mit Blumen und Kräutern“. Kräuter, die irgendwann den Weg in die große, gläserne Teedose und ins Büro finden. Oder von Simone Riemer zu einem schmackhaften Kräuterlikör auf Wodkabasis verarbeitet werden. Und der, verrät sie, schmecke im Gegensatz zum Kräutertee auch ihrem Mann.
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